THEMA UND ANACHIE

Eine Annäherung an die ästhetik von Steamboat Switzerland
VON ROLAND SCHöNENBERGER
Im November 2000 stand Improvisation im Zentrum des Doppelheftes 86/87 der Zeitschrift 
für Neue Musik MusikTexte. Zu Wort kamen unter anderem Komponisten wie Mathias 
Spahlinger, Heiner Goebbels, Frederic Rzewski u.a., die sich zu ihrem Umgang mit 
Improvisation äusserten. Für PŽter Eötvös ist es beispielsweise wichtig, Improvisation und 
Komposition in der Balance zu halten: «Das Leben ändert an jedem Tag ein bisschen an 
meiner Denkmethode. Bei mir sind in der letzten Zeit sehr merkwürdig farbige Stücke 
entstanden, auch neue musiktheatralische Formen. Die dazu nötige Phantasie kommt aus 
meinem doppelten Training: konstruieren und improvisieren.» 
In derselben Nummer wurde in der Rubrik «Berichte» die Tage für Neue Musik Zürich 2000 
besprochen, an denen die Schweizer Formation Steamboat Switzerland aufgetreten war. Der 
Kommentar zu diesem Konzert nahm jedoch nicht das Leitthema des Heftes auf, sondern 
öffnete eine alte Schublade: «Das Trio «Steamboat Switzerland» É spielte Sam Haydens  
und blies einem die Klänge um die Ohren. Man fühlte sich in die alten Klangorgien 
von Pink Floyd zurückversetzt.» Thomas Meyers Vergleich von Steamboat Switzerland mit 
Pink Floyd, die seit Mitte der sechziger Jahre den musikalischen Background für 
psychedelische Traumreisen liefern (andere Rezensenten erwähnen Emerson, Lake & Palmer 
oder Deep Purple), bleibt an äusserlichkeiten wie Lautstärke oder der Verwendung von 
Synthesizern und Hammond-Orgel haften, unterschlägt jedoch diejenigen Aspekte, die für die 
ästhetik von Steamboat Switzerland viel prägender und interessanter sind: freie 
Improvisation, experimentelle Komposition und Noise Art. Die Bemerkung von Peter Niklas 
Wilson im einleitenden Artikel zur erwähnten MusikTexte-Nummer, dass die Grenzen 
zwischen Improvisatoren und Kompositoren fallen, «strukturell wie institutionell», ist allem 
Anschein nach mit Vorsicht zu geniessen. Realistischerweise relativierte Wilson seine 
Aussage noch im gleichen Atemzug: «Die Vorzeichen É sind positiv, die Adaptionsprobleme 
indes nicht zu übersehen.»

Die Rezension des Auftritts von Steamboat Switzerland an den Tagen für Neue Musik Zürich 
2000 verdeutlicht zudem ein grundlegendes Problem der Neuen Musik seit den achtziger 
Jahren. Wie Heiner Goebbel bereits 1988 feststellte, finden die grossen musikalischen 
Innovationsschübe vielfach nicht mehr in der Neuen Musik statt, wo sich die 
avantgardistischen Strömungen etabliert haben und in mehr oder weniger fixen Sets von 
Idiomen arbeiten, sondern in anderen Musikszenen. Beispielsweise in der freien 
Improvisation Ð einer zugegebenermassen äussert heterogenen Szene, die sich aus klassischen 
und solchen aus der Neuen Musik sowie aus Jazz- und Rockmusikern speist Ð, wo 
insbesondere klanglich neue Wege erforscht wurden und werden, die in der Neuen Musik 
noch kaum Spuren hinterlassen haben. Gleichzeitig ist die Tendenz festzustellen, dass die 
führenden freien Improvisatoren überraschend offene Ohren für Neue Musik haben. Die 
experimentellen Ergebnisse werden zunehmend reflektiert, auf Papier oder in den Computer 
getippt und in Form von Kompositionen aufgeführt.  
Die folgenden Ausführungen möchten den Ort skizzieren, von dem aus Steamboat 
Switzerland operieren, einen Ort, an dem Neue Musik, Improvisation und Elemente aus der 
Rockmusik eine Verbindung eingehen, die jenseits eines biederen Crossovers neue, 
integrative Erzählweisen erforscht. Steamboat Switzerland mit alten Rocklegenden zu 
vergleichen und unter der Rubrik «Wiederbelebungsversuche vergangener Zeiten» zu 
schubladisieren greift zu kurz und verkennt das Potential, das diesem Projekt innewohnt. 
Steamboat Switzerland Ð dies ist die These dieses Artikels Ð haben Konsequenzen aus 
musikalischen Entwicklungen der letzten Jahre gezogen, die ihre Formation durchaus als 
zukunftsträchtiges Modell erscheinen lässt, das im Kontext der Neuen Musik (grosses N!) 
bestehen, ja sogar neue Möglichkeiten in der Aufführungspraxis und im Komponieren 
aufzeigen kann. Der Versuch, die ästhetische Position von Steamboat Switzerland zu eruieren, 
setzt einen vorurteilslosen und grenzüberschreitenden Tour d'Horizon durch einige 
musikalischen Entwicklungen voraus, die teilweise noch nicht in der Neuen Musik rezipiert 
worden sind.
Komponieren für Hammond, Bass & Drums 
Obwohl die Neue Musik das Spektrum der verwendeten Instrumente im Vergleich zu 
Romantik und Klassik enorm erweitert hat, tat und tut sie sich mit der in Rock und Jazz 
entwickelten Tradition der elektronisch verstärkten Instrumente, Klangeffekte oder gar 
Samplern noch immer schwer.  Ein Blick in die bisherigen Konzert- und CD-Rezensionen, 
die über Steamboat Switzerland verfasst wurden, ergibt denn auch ein heterogenes 
Sammelsurium an Gattungsbezeichnungen: Prog Rock, Post Rock, Noise, Hardcore (HeArt 
core), Krautrock, Techno, Drum'n'Bass, Ambient, Avantcore etc. Unschwer ist zu erkennen, 
dass es bisher vorwiegend Rock- und Jazzinteressierte waren, die über Steamboat Switzerland 
schrieben. Der Grund dafür ist naheliegend: Die drei Musiker spielen auf Instrumenten, die 
nicht zum Vokabular der Neuen Musik gehören: Hammond-Orgel, Korg MS20 
(Analogsyntheziser), Elektrobass und insbesondere Rockschlagzeug (nicht nur Perkussion, 
sondern Drum-Kit). Zwar verleugnen Blum, Niggli und Pliakas ihre Affinitäten zur 
Rockmusik keineswegs, geben mit den Rock-Etüden von Stephan Wittwer (Trabant, Slosh, 
Uncle Globus etc.) jeweils richtig Dampf und frönen denjenigen musikalischen Aspekten, 
denen sich klassische Musik (ob neu oder alt) nur allzu oft versagen: Drive und Groove. 
Dennoch bietet Steamboat Switzerland Komponisten neuer Musik eine ernstzunehmende 
Erweiterung des instrumentalen Spektrums. Die ketzerische Frage lautet: Ist mit der Wahl 
eines Instrumentariums wirklich ein musikalischer Stilentscheid gefallen? Oder kann man 
auch mit Instrumenten, die bisher vor allem in der Jazz- und Rockmusik verwendet wurden, 
ernsthaft Neue Musik machen?
Auf ihrer ersten CD interpretierten Blum, Niggli und Pliakas mit Hammond, Bass und Drums 
drei Kompositionen von Hermann Meier, einem kaum aufgeführten seriellen Schweizer 
Komponisten. Die extravagante Instrumentierung gewinnt den an sich spröden Stücken einen 
brutistischen Charme ab, ohne den strukturellen Charakter zu zerstören, und adaptiert die 
klassisch konzipierten Werke auf befruchtende Art und Weise in einem neuen Kontext. Den 
ausführlichen Beweis, dass man wirklich mit Hammond, Bass und Drums Neue Musik 
spielen kann, erbrachte Steamboat Switzerland mit ihrer CD ac/ dB [Hayden]: Neue Musik 
pur Ð auf Rockinstrumenten. Die sieben Stücke des jungen britischen Komponisten Sam 
Hayden (*1968) klingen zwar sehr rockig, doch die musikalische Struktur hat weder mit 
altbackenen Rockharmonien noch mit plump stampfendem Rockschlagzeug etwas zu tun. 
Vielmehr sind die Akkordfolgen und Rhythmik hochgradig konstruiert und komplex, aber 
dennoch energiegeladen: «Boulez on the rocks»! 
Im Umgang mit Kompositionen und Improvisationsteilen haben die drei Musiker für ihre 
Konzerte eine sehr bewusste Form gefunden. Sie arbeiten mit einem Modulsystem, dass es 
ihnen erlaubt, den freien Fluss ihrer Improvisationen mit vorgefertigten, komponierten Teilen 
zu unterbrechen, zu kontrastieren und zu konfrontieren. Da sie vor dem Konzert auf 
Absprachen verzichten, haben sie eine Reihe von Handzeichen entwickelt, mit denen jeder 
Spieler seinen beiden Mitspielern ein nächstes Stück anzeigen kann. Jeder Musiker besitzt 
somit die Möglichkeit, nicht nur klanglich, sondern auch formal die Anlage des Konzerts zu 
beeinflussen. Die ersten Module, die Steamboat Switzerland einsetzten, waren die adaptierten 
Kompositionen von Hermann Meier und Ruth Crawford sowie die Rock-Etüden von Stephan 
Wittwer. Der Auftrag an Sam Hayden bestand darin, derartige Module zu komponieren, die 
im Konzert je nach Bedarf eingesetzt werden können.  Für das Ensemble wie den 
Komponisten ergibt sich daraus der grosse Vorteil, eine Komposition nicht nur ein einziges 
Mal uraufzuführen, sondern das Werk an verschiedensten Konzerten über längere Zeit zu 
spielen. 
Freie Improvisation
«Kein Von-der-Eliteuniversität-via-Darmstadt-Gepiepse, kein blitzsauberer Minimalismus, 
keine Effekte, keine Geld-zurück-Garantie, nur pure musikalische Eruption.» Was wie das 
Credo von Steamboat Switzerland tönt, ist ein Statement von Alvin Curran, der Mitte der 
sechziger Jahre in Rom mit Frederic Rzweski und anderen Komponisten die 
Improvisationsgruppe Musica Elettronica Viva (MEV) gründete.  Sie hatten renommierte 
amerikanische Hochschulen verlassen, sich in Europa zusammengefunden und wollten eine 
Musik schaffen, die sich der damals vorherrschenden Ordnung entzog: «Jugendlich, gar naiv 
hatten wir den gemeinsamen Wunsch, uns von den Zwangsjacken der Vergangenheit und der 
Gegenwart zu befreien.»  
Zwar eröffnete die serielle Darmstädter Schule der Musik eine radikal neue Sicht des Tons: 
Was bis dahin als kleinste Einheit des Komponierens und Musizierens galt, entpuppte sich als 
Zusammensetzung aus verschiedenen akustischen Eigenschaften (Höhe, Dauer, Lautstärke, 
Klangfarbe), die nun als eigenständige Phänomene behandelt werden konnten. Während die 
seriellen Komponisten der Darmstädter Schule die entfesselten Töne mit exakt geplanten 
Reihenstrukturen gleich wieder an Leine nahmen, begannen Mitte der sechziger Jahre 
Improvisationsensembles wie das MEV, das anarchische Potential der aufgelösten 
Tonordnung jenseits notierter Vorgaben zu erforschen. Mathias Spahlinger: «Éhier hat man 
nach einer anderen, neuen Grundlegung gesucht: Erstens, Dinge zu erschliessen, die 
unmöglich von der Notation beherrscht werden können. Klangräume aufzutun, die nicht 
notierbar sind, weil die Notenschrift noch immer daran krankt, eigentlich auf der Diatonik zu 
basieren.»  Neben dem MEV war es u.a. das Improvisationsensemble AMM, das etwa zur 
gleichen Zeit in London gegründet wurde durch Jazzmusiker, die an der Art School in London 
mit Künstlern wie Duchamp, Pollock und Rauschenberg in Kontakt gekommen waren und 
deren Ideen auf die Musik übertragen wollten. Als sich Cornelius Cardew dem AMM 1966 
anschloss, war es dieses Ensemble, das die richtungsweisende Aufführung seines graphisch 
notierten Opus magnum, dem Treatise, realisierte.  
Die Aufführungen dieser Improvisationsensembles hatten nichts mit Jazzimprovisationen 
über einen Chorus zu tun, sondern definierten sich durch die Negation bestehender Idiome 
und vorgegebener formaler Strukturen. Dem Problem der Form stellten sich die 
improvisierenden Komponisten jedoch mit neuen Strategien, um der Beliebigkeit zu 
entgehen. Für das MEV-Projekt Spacecraft formulierte Frederic Rzweski deshalb einen Plan, 
der den musikalischen Aktivitäten der Spieler in einen offenen dramaturgischen Bogen 
zusammenfasste.  Die auch in Rom gegründete Gruppo di Improvvisazione Nouva 
Consonanza, der ebenfalls vor allem Komponisten angehörten, improvisierte nach klar 
abgemachten Regeln.  Ihre Kollektivimprovisationen basierten auf einem Katalog von 
Verboten, die von allen Mitgliedern akzepiert wurden: Kein Spieler sollte sich in den 
Vordergrund drängen, an das tonale System gebundene Klänge waren ausgeschlossen, 
rhythmische Periodik oder einprägsame Motive sollten vermieden werden, es galt ein 
Wiederholungsverbot, etc. Die erhaltenen Tondokumente ihrer Improvisationen überzeugen 
noch heute durch ihre strukturelle Klarheit, das ganzheitliche Denken der Spieler und die 
Unmittelbarkeit der musikalischen Aktionen.

Wenn demnach Steamboat Switzerland zu Ensembles der sechziger Jahre in Verbindung 
gebracht werden soll, dann nicht zu Pink Floyd oder ELP, sondern zu 
Improvisationsformationen wie AMM, MEV oder Nouva Consonanza. Die Verbindung wird 
noch dadurch unterstrichen, dass Keyboarder Dominik Blum, dem heute eine riesige Palette 
an digitalen Synthesizern und Samplern zur Verfügung stünde, bewusst auf digitale 
Klangerzeuger verzichtet. Zudem gelten unter den drei Musikern von Steamboat Switzerland 
ebenfalls Absprachen bezüglich Improvisation. Der Beginn ist meistens energiegeladen und 
dicht; alle drei Musiker beteiligen sich am Aufbau eines gemeinsamen «Wall of sound». Die 
Improvisationen sind also nicht auf Solos ausgelegt, in denen sich ein Musiker exponiert, 
sondern auf ein kollektives Klanggeschehen, in dem die Instrumente zu einem einzigen 
Klangkörper verschmelzen. Um den langgezogenen dramaturgischen Bogen, den sie in ihren 
Konzerten anstreben, nicht zu brechen, verzichtet das Trio konsequenterweise auf Pausen. 
Das auf der CD Budapest dokumentierte Konzert, das aus einer einzigen, 43 Minuten 
dauernden Improvisation besteht, gibt einen unverfälschten Einblick in die 
Improvisationsarbeit von Steamboat Switzerland. Unterstreichen die analogen Synthesizer-
Sounds und die strukturelle Kompaktheit die Nähe zu den Wurzeln der freien Improvisation, 
deutet der hohe energetische Level der Musik auf den Einfluss der Noise Art. 
Noise Art
Ein Blick auf die Weiterentwicklung der frei improvisierten Musik in der Lower East Side 
von Downtown New York ist deshalb für eine Annäherung an die ästhetik von Steamboat 
Switzerland unerlässlich. Peter Niklas Wilson bezeichnete die Lower East Side, wo sich 
bereits die Komponisten des Cagekreises niedergelassen hatten, als guten «Nährboden für 
musikalische Experimente im Niemandsland zwischen E-Avantgarde, Free Jazz und 
Rockmusik». Mitte der 80er Jahre fand sich dort ein Pool experimenteller Musiker 
zusammen, die sowohl in Neuer Musik, Jazz als auch in experimentellen Rockströmungen zu 
Hause waren.  Im urbanen Umfeld von New York City, wo Lärm und Hektik im Verkehr wie 
in den Medien zu den Ingredienzien des Alltags gehören, verbanden sie die Ideen für eine 
Geräuschmusik, die Luigi Russolo bereits 1913 in seinem Manifest entworfen hatte, mit der 
Tradition der Popmusik, in der geräuschhafte Klänge (beispielsweise elektrisch verstärkte 
Gitarre, Drums) bewusst als Auflehnung und Provokation gegen das bürgerliche 
Schönheitsideal eingesetzt werden. Aus dieser Verbindung entstand dasjenige, was heute 
«Noise Music» genannt wird.
Nachdem Fred Frith und John Zorn die Verbindung zur unabhänigen Musikszene in Japan 
(Tokio) hergestellt hatten, begann zwischen der New Yorker Downtown-Szene und 
japanischen Musikern ein reger Kontakt, der zu Beginn der neunziger Jahre beidseitig zu 
einer Radikalisierung der musikalischen Ansätze führte. Während John Zorn mit dem Naked 
City-Projekt  seine Arbeit mit hart ineinander geschnittenen musikalischen Versatzstücken 
intensivierte und zum existentiellen Exzess trieb, stiessen Musiker wie Otomo Yoshidide und 
Hoppy Kamiyama in anarchische Klangwelten vor, in denen die ungefilterte Expressivität der 
Musiker das nackte Chaos auslöste. Formationen wie Ground Zero (im März 1998 aufgelöst!) 
oder optical*8 erforschten unter Einsatz aller erdenklicher Klangerzeuger in wirklichen 
«Klangorgien» das anarchische Potential der Musik vor jeglicher Strukturierung. 
In Orange Slice des holländisch-amerikanischen Komponisten David Dramm (*1961), das 
Steamboat Switzerland im Januar 2002 mit einem auf neun Musiker erweiterten Ensemble in 
Winterthur uraufführte, ist der brachiale Ansatz der Noise Music zwar in einer 
kompositorischen Struktur aufgefangen. Doch die Verdoppelung der Instrumente (2 Pianos, 2 
Bässe, 2 Schlagzeuge), das insistierende Durchhämmern minimaler Sequenzen und die 
objekthafte Anlage des musikalischen Materials wirken wie ein einziger massiver 
Klangkörper, der über die Zuhörer hereinbricht. Die Inspiration zu Orange Slice kam denn 
auch von Gordon Matta-Clark, einem Künstler, der mit einer Motorsäge leerstehende Häuser 
durchlöcherte und zu Lichtskulpturen umfunktionierte.
Eklektizismus?
Dass die heutige Welt zu komplex, zu pervers und zu vielfältig ist, um mit einer griffigen 
ästhetik abgebildet zu werden, ist ein Gemeinplatz. Doch welche Konsequenzen sollen 
daraus gezogen werden? Zeigt Helmut Lachenmann, einer der wenigen «Dinosaurier der 
Neuen Musik», mit seiner konsequent dialektischen ästhetik den Weg? Soll weiterhin die 
reflektive Durchdringung des musikalischen Materials vorangetrieben werden und der 
ungebrochene, schlecht reflektierte Spontaneismus und Subjektivismus gebrandmarkt 
werden? Oder gibt es auch eine reflektierte Spontaneität? Ist es heute überhaupt noch 
möglich, die Musik mit jedem Werk neu zu erfinden? Sicher geht es nicht um modische 
Crossovers, die dem Publikum mit der Aufbereitung alter Highlights den Bauch pinseln.
In seinem Aufsatz «Prince and the Revolution» entwarf Heiner Goebbels das Programm einer 
neuen Erzählweise, das auf der Integration bisheriger musikalischer Erfahrung basiert, an 
denen es nach den experimentellen Abenteuern des 20 Jahrhunderts nicht mangelt: 
«Eklektizismus muss länger kein Schmipfwort mehr sein, wenn er nicht beliebiges 
Kombinieren und Selbstbedienung im musikalischen Supermarkt meint, sondern wenn es sich 
um ein reflektiertes, mit Zurückhaltung, Geschmack und Geschichtsbewusstsein 
ausgestattetes Verfahren handelt, das unsere Wahrnehmungsweisen vorantreibt und 
gleichzeitig Erinnerungen aufarbeitet, bis die Komponisten alle bisher entstandene Musik als 
Bestandteil einer Sprache beherrschen, mit der jetzt Neues und Genaues gesprochen werden 
kann. Es mag vielleicht arrogant klingen, aber ich vermute, dass tatsächlich eine andere 
Generation von Komponisten heranwachsen muss, die jenseits der klassisch getrennten 
Wertigkeit aufwächst und ausgebildet wird und die [É] überall zu Hause ist, weil es kein 
musikalisches Zuhause mehr gibt.»  
Die Lust am Experiment ist weder zähmbar noch domestizierbar. Mögen deshalb die 
Schauplätze wechseln, es wird (hoffentlich) noch längere Zeit das Trüppchen Unentwegter 
geben, die für den musikalischen Ausdruck künstlerischer Ideen neue Wege gehen. Vielleicht 
ist es ein vielversprechendes Zeichen, wenn eine Rockband wie Sonic Youth mit ihrer 
Interpretation von Werken der Neuen Musik das Ende des 20. Jahrhunderts eingeläutet hat.  
Und wenn die Neue Musik nicht im vielbeklagten Ghetto verharren will, braucht sie für 
derartige Initiativen eigentlich nur dasjenige, was ihr per definitionem inhärent sein sollte: 
Offene Ohren.
Steamboat Switzerland
Steamboat Switzerland besteht aus den drei Musikern Dominik Blum (Hammond, Klavier, 
Korg MS20), Lukas Niggli (Drums, Perkussion) und Marino Pliakas (Bass). Während Blum 
und Pliakas akademische Ausbildungen durchliefen, hat sich Niggli als Autodidakt vor allem 
in Jazzkreisen einen Namen geschaffen (weitere Informationen zu Steamboat Switzerland und 
den einzelnen Musikern sind auf den jeweiligen Homepages greifbar: 
marinopliakas.com/steamboatswitzerland, dominikblum.ch und lukasniggli.ch). Das Trio fand 
sich seit Ende 1995, nachdem Niggli und Pliakas bereits in der Formation Sluge2000 mit 
Stephan Wittwer zusammengearbeitet hatten. 1998 machte Steamboat Switzerland mit ihrer 
ersten CD, Live, international auf sich aufmerksam, einer klanglich kompakten, 
energiegeladenen Mischung aus Fremdkompositionen (Ruth Crawford, Hermann Meier, 
Stephan Wittwer) und eigenen Improvisation. In Kanada erhielten sie dafür den «delire 
actuel»-Award für eine der zehn besten Veröffentlichungen des Jahres. Mit der letztjährigen 
CD ac/dB hat Steamboat Switzerland die Interaktion zwischen Improvisation und 
Komposition noch intensiver und komplexer ausgelotet, indem sie den komponierten 
Modulen von Sam Hayden (dB I-VII) eigene Improvisationen gegenüber stellte. Mit Budapest 
veröffentlichten sie gleichzeitg ein integrales Konzert auf CD, dass auf einer 43 Minuten 
dauernden Improvisation beruht. Letzter Höhepunkt war das Konzert mit der Komposition 
Orange Slice von David Dramm, das Steamboat Switzerland mit einem auf neun Musiker 
erweiterten Ensemble nach der Premiere in Winterthur im Juni erstmals in Zürich aufführten. 
Steamboat Switzerland haben Konzerte in West-, Ost- und Nordeuropa sowie in Nordamerika 
gegeben Ð ebenso an Festivals für Neue Musik wie an Rock- und Jazzveranstaltungen.
Obwohl er so tönt, hat der Name Steamboat Switzerland keinen Bezug zu Dixieland. 
Vielmehr versteckt sich Adolf Wölfli dahinter, der in der Neuen Musik schon einige 
Komponisten inspiriert hat. Adolf Wölfli beschreibt ziemlich am Anfang seines 
umfangreichen Epos Von der Wiege bis ins Graab ein besonderes Dampfschiff: «Wihr hatten 
Uns auf dem Haritt im Kreise gelaagert und standen nun auf, um mit geschwenkten 
Taschentüchern und 3fachem Hurrah, die Vorüberfahrenden zu begrü§en. Es wahr der 
Dampfer Swizerland, mit über 1,000 Passagieren an Bord. Uns're Bemühungen wurden 
vergolten mit nicht enden wollenden Hurra und Hochrufen, sowie Fahnenschwingen seitens 
der Passagiere, der Sänger=Chor Concordia von Zürich, präsentierte uns das schöne Lied. (Es 
lebt auf allen Schweizer=Gauen, ein Blümchen Zahrt und Wunderhold.)» Kann es da Zufall 
sein, wenn die erste CD von Steamboat Switzerland mit dem Titel «Little Wolf» beginnt?


Diskographie

Steamboat Switzerland
o Live (1998, Unit Records UTR 4104)
o Budapest (2001, Grob 315)
o ac/dB [Hayden] (2001, Grob 316)


Homepage Steamboat Switzerland: http://www.dominikblum.ch/steamboat_e.html