#83, Oktober 2003

 

VERTONTES SCHWEIGEN
Der ukrainische Komponist Walentin Silwestrow
VON WALTER KLÄY

Die «unvermeidlichen Mannhaftigkeitsproben der seriellen Selbstverleugnung» (Alfred Schnittke) waren den Komponisten der ehemaligen Sowjetunion durchaus nicht fremd. Doch in den 70er Jahren beschloss eine ganze Reihe von ihnen, «den überfüllten Zug zu verlassen und zu Fuss weiterzugehen» (Schnittke). Während Schnittke, Gubaidulina, Kantscheli, Ali-Sade und andere unterdessen in den Westen ausgereist sind und breite Publikumsbeliebtheit erlangten, ist Walentin Silwestrow in Kiew geblieben und wurde lange Zeit unter den Anhängern des neuen Wohlklangs nur als Geheimtipp gehandelt. Der Grund dafür dürfte Irritation sein. Denn worin liegt noch das «Eigentliche» bei einem Komponisten, der heute statt Musik «Metamusik» schreibt und diese bisweilen selber als «Kitschmusik» bezeichnet?

KLANGPROJEKTION IM DREIDIMENSIONALEN RAUM
Ein Forschungsprojekt der Hochschule für Musik und Theater Zürich
VONGERALD BENNETT, PETER FÄRBER, PHILIPPE KOCHER UND JOHANNES SCHÜTT

Die Faszination für die Bewegung der Klänge im Raum gehört zu jenen Aspekten der neueren Kunstmusik, die direkt mit Wahrnehmungsphänomenen des Alltags zusammenhängen. Während die frontale Ausrichtung des traditionellen Konzerts dem gewohnten Sprechen mit einem Gegenüber gleicht, lenken die Raumklänge die Aufmerksamkeit auf die normalerweise vom Bewusstsein weggefilterten Umgebungsgeräusche: «Orientierung» tritt an die Stelle von «Kommunikation». Ein Forschungsprojekt der HMT Zürich versucht, ausgehend von den in den 70er Jahren entwickelten Ambisonics-Verfahren, einfach zu handhabende Werkzeuge bereit zu stellen, welche in elektroakustischer Musik die Illusion sich in drei Dimensionen bewegender Klänge erzeugen können.

Schweizer KomponistInnen

NUANCEN IM WEISSEN
Der Improvisator, Klangkünstler und Komponist Roland Dahinden

VON THOMAS MEYER

Nicht nur den realen Raum, sondern auch die einzelnen Töne sucht Roland Dahinden in seinen Werken in «dreidimensionale» Beziehungen zueinander zu setzen: Harmonik wird zur räumlichen Angelegenheit. Dass man dabei geneigt ist, von «Lichteinfall», von «Farbnuancen» oder von «Zeichnungen» zu reden, ist kein Zufall. Roland Dahinden ist von der visuellen Kunst geprägt, folgerichtig gehören zu seinem Schaffen auch Improvisationen und Klanginstallationen.

KLEINE LAUDATIO FÜR JÜRG WYTTENBACH
VON DANIEL FUETER

Beim diesjährigen Tonkünstlerfest wurde Jürg Wyttenbach der Kompositionspreis Marguerite Staehelin verliehen. Daniel Fueter fragt sich, warum wir uns alle unisono über diese Auszeichnung freuen und zeichnet mit der Antwort auf die Frage gleichzeitig ein Portrait des barocken Individualisten.

Berichte
Bregenz: Friedrich Haas' «Die schöne Wunde»
Entlebuch: Der Klangraum Heiligkeruz
Rümlingen: Klangwanderung «witterung.stromaufwärts»
Luzern: Begegnungen mit Heiner Goebbels beim Lucerne Festival
Tessin: Das Schweizerische Tonkünstlerfest