Georg Friedrich Haas
"in vain" (2000)
"Für das Hören von Musik sind melodische Linien, wohltemperierte Tonhöhenraster und der Akzentstufentakt ungefähr das, was Geländer, gewohnte Grösse und Anordnung der Stufen für das Gehen auf Stiegen sind. Die Normtreppe entbindet vom Nachdenken über Gehbewegungen; die gewohnten Proportionen von Tonhöhen und Zeitmassen in der Musik sind nicht dazu angetan, die Aufmerksamkeit auf ihre eigene Beschaffenheit zu lenken. Der regelmässige Puls und die Zwölfteilung der Klavieroktave werden üblicherweise ebensowenig als Besonderheit empfunden wie die Bestuhlung des Konzertsaals oder die Scheinwerfer über der Bühne. Um sich der Komposition 'in vain' von Georg Friedrich Haas zu nähern, kann man übrigens gleich bei den Scheinwerfern beginnen. Die Lichtintensität ist in der Partitur vorgeschrieben und reicht von‚ konzertmässiger Podiums- und Pultbeleuchtung’ bis zu völliger Dunkelheit.' (Bernhard Günther) Vollends in solchen Passagen sind Musizierende und Publikum aller "Geländer" beraubt, die die Produktion und Rezeption von Klängen gewöhnlich begleiten. Sie sind einzig auf das Hören verwiesen und werden mit Klangwelten konfrontiert, deren ungemein fein ausgehörte Schwingungen und Nuancierungen ein synästhetisches Wahrnehmen in der absoluten Finsternis geradezu provozieren. Im Dunkeln werden die Klänge gleichsam sichtbar.
Data: | 01.11.2014, 20:00h |
Luogo: | Zürich, Radiostudio |
Artisti: | Collegium Novum Zürich
Jonathan Stockhammer, Dirigent |
Links: | Collegium Novum Zürich |