Dissonance

Die sieben Todsünden der elektronischen Musik

Limburger Manifest

Björn Gottstein

 

Im Anfang war das Tonband wüst und leer. Doch dann geschah das Ungeheure: Der Komponist versündigte sich gegen sein Medium. In sieben Todsünden der elektronischen Musik.

1

Was ist so toll an der Wiederholung? Was ist so toll an der Wiederholung? Dass man zweimal, fünfmal, zwanzigmal dasselbe sagt? Natürlich ist die Erkenntnis, dass sich das geloopte Sample im Zuge seiner Wiederholung verändert, dass der Klang sein inneres Wesen preisgibt, ein epistemologischer Quantensprung. Und natürlich ist auch die Frage nach der Differenz zwischen zwei Wiederholungen von hohem philosophischem Wert. Aber mal ehrlich: Ist das geloopte Sample nicht vor allem eine einfache, schnelle und billige Art, sich ein rhythmisches Fundament zu legen? In Hiphop, House und Techno, wo es einerseits auf den Groove ankommt, die Produktion andererseits zügig abgewickelt werden muss, mag das angehen. In der elektronischen Musik, wo der künstlerische Anspruch ausgearbeiteten Differenzen gilt, den feinen Unterschieden, der Entwicklung und der Veränderung, eher nicht. Wer sich so sehr in sein ach so elegantes Sample verliebt hat, dass er sich daran nicht satthören kann, der möge doch das Publikum damit verschonen.

2

Was ist so unwiderstehlich am Hall? Hall? Wir verstehen schon. Der Hall schafft Transparenz, er setzt zwei Klangschichten qua Nähe und Ferne voneinander ab. Der Komponist verschachtelt die hellen Reflexionen eines Badezimmers mit den endlosen Weiten des Kölner Doms. Wer strukturelle oder dramaturgische Gründe anführen kann, die den Hall rechtfertigen, dem sei vergeben. Aber meist ist der Hall eben nur ein akustischer Weichzeichner, ein Effekt, der bedeutungsschwer daherkommt, um Ideenlosigkeit zu verschleiern. Wer den Klang mit Hall garniert und verkitscht, der möge sich fragen, warum er den Klang nicht so erträgt, wie er ist.

3

Wer den Klang nicht erträgt, wie er ist, vergreift sich gerne auch einmal am Filter.

[...]

 

Lesen Sie den vollständigen Artikel in DISSONANCE 114 (Juni 2011).

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Replik von Peter Cadisch auf das Limburger Manifest (und eine Erwiderung von Björn Gottstein)


by moxi