Künstlerisches Herzstück der Festspiele Zürich 2014 ist Luigi Nonos Prometeo. Entstanden im Jahre 1985, ist dieses Werk ein Glanzpunkt der musikalischen Avantgarde, und es hat in den vergangenen drei Jahrzehnten nichts von seiner epochalen Wirkung eingebüsst. Es bleibt ein kompromissloser Versuch, Musik als Medium zu vermitteln - und in der Musik die grossen Themen der Menschheit zum Klingen und zur Sprache zu bringen. Nicht umsonst wählt Nono als Bezugspunkt hierfür die Figur des Prometheus und damit jene Gestalt, die auf besondere Weise gerade auch mit den utopischen Fragen des Menschwerdens und Menschseins verbunden ist.
Für seinen Prometeo schafft Luigi Nono eine einzigartig oszillierende Verknüpfung zwischen Text und Musik. Das Werk beginnt mit einem Prolog, der aufzeigt, wie der Prometheus-Mythos in den Texten der alten Griechen - von Aischylos und Hesiod - erzählt wird. Viele weitere Bezüge zur Literatur werden im Verlauf des Werkes hergestellt wie etwa zu Walter Benjamin, der den "Helden" Prometheus kritisch befragte. In den Mittelpunkt seines Prometeo stellt Nono aber das Schicksalslied des Dichters Friedrich Hölderlin und entfaltet damit ein eindrückliches Bild des niemals ruhenden, ins Ungewisse geworfenen Menschen.
Eine "Tragödie des Hörens" hat Nono sein letztes grosses Werk, den Prometeo, genannt. Mit den im ausgehenden 20. Jahrhundert entwickelten Techniken der Live-Elektronik, die er phantasievoll mit erweiterten Möglichkeiten des Instrumentalen und Vokalen kombinierte, entfaltete er neue Klangräume und neue Bedingungen für das Musik-Erleben. Für Luigi Nono war es auch ein Zurücklassen früherer Anstrengungen als Künstler, die stark durch sein gesellschaftspolitisches Engagement geprägt waren. Nono liebte die von Franz Schubert geprägte Figur des Wanderers. Ihm war der Weg jedoch wichtiger als das Ziel. Der Weg entsteht im Gehen. Unverdrossen suchte er nach dem Möglichen, gab sich nie zufrieden mit dem, was gegenständlich vorhanden war. So entstand dieses "dramma in musica", also kein blosses Drama mit oder für die Musik. Das Drama spielt sich unmittelbar in der Musik ab, in den Texten, in der musikalischen Verwirklichung der gedankenschweren Inseln der Dichter Hölderlin und Ovid und schliesslich auch, und das war für Nono das Wichtigste, im Hören. Er wollte, wie er sagte, "die Ohren aufwecken".
Datum: | 02.07.2014, 19:30h |
Ort: | Zürich, Tonhalle, Grosser Saal |
Künstler: | SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg
Ingo Metzmacher, Dirigent I Matilda Hofman, Dirigent II Schola Heidelberg Walter Nußbaum, Einstudierung Susanna Andersson, Sopran Christina Daletska (neu), Sopran Els Janssens-Vanmuster, Contralto Noa Frenkel, Contralto Markus Francke, Tenor ensemble recherche Martin Fahlenbock, Flöte Shizuyo Oka, Klarinetten Barbara Maurer, Viola Asa Åkerberg, Violoncello Ulrich Schneider, Kontrabass Andreas Roth, Posaune József Bazsinka, Tuba, Euphonium Christian Dierstein, Gläser Jens Ruland, Gläser Anna Tuena, Gläser Caroline Chaniolleau, Sprecherin Mathias Jung, Sprecher Experimentalstudio des SWR André Richard, künstlerische Koordination, Raumklangkonzept und Leitung Klangregie |
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